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Open Access: Ein Wasserhahn statt drei!

27. Juli 2021 | Autor: David Hetz, Consultant Vivax Consulting GmbH

Man stelle sich vor: Hätte man damals das Wassernetz genauso ausgebaut, wie derzeit viele Glasfasernetze, dann hätten heute die Verbraucher in den Städten mehrere Wasserhähne an einem Waschbecken zur Verfügung. Bewohner in „unwirtschaftlichen“ Regionen hingegen würden gar kein fließendes Wasser bekommen. 

Während der Energiemarkt längst liberalisiert ist und diskriminierungsfreie Netzzugänge bestehen, herrschen im TK-Markt immer noch ein Strukturwettbewerb und parallele Netze vor. Zwar werden sogenannte Open-Access-Modelle im Stadtwerkeumfeld oft debattiert und hier und dort auch umgesetzt. Jedoch kommen diese Modelle in der Branche noch immer zu kurz, obwohl sie signifikante Skaleneffekte versprechen.

Open Access Netze
Project Description

Ein Netz für alle

Der Glasfaserausbau kommt nur schleppend voran und dass der eigenwirtschaftliche Ausbau notwendig ist, um die Digitalisierung zu beschleunigen, ist unbestritten. Das anfänglich hohe Investitionsvolumen von Glasfaserprojekten schreckt Stadtwerke jedoch oft davon ab, das Breitbandgeschäftsfeld offensiv zu erschließen. Um den eigenwirtschaftlichen Ausbau attraktiv zu machen, muss sich diese Investition aber für ein Stadtwerk rentieren. Vor diesem Hintergrund sind Open-Access-Modelle besonders geeignet, den Glasfaserausbau im Stadtwerkebereich investitionsfreundlicher zu gestalten. 

Das Open-Access-Modell ist grundsätzlich einfach zu erklären: Ein Unternehmen baut ein passives oder aktives Glasfasernetz aus und stellt die Nutzung der Infrastruktur einer beliebigen Anzahl von Dienstanbietern freiwillig gegen Gebühr zur Verfügung.
 

Bessere Auslastung

Eine höhere Netzauslastung verbessert die gesamte Wirtschaftlichkeit eines Breitbandnetzes und sorgt damit für einen schnelleren „Return-on-Invest“ beim Open-Access-Anbieter. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein mehrerer Diensteanbieter und eine größere Glasfaserproduktvielfalt zu einer höheren Akzeptanz beim Bürger beiträgt. Die Öffnung eines Netzes beeinflusst nachhaltig die Take-Up-Rate und ermöglicht es, einen Markt „gemeinsam“ zu erschließen. Geringere Margen werden bei diesem Modell durch die viel tiefere Marktdurchdringung wiedergutgemacht. 

Stadtwerke können hierzu verschiedenste Open-Access-Modelle mit unterschiedlich tiefer Wertschöpfung wählen, wie etwa Dark-Fiber-Verpachtung, Bit-Strom-Zugang, oder Dienste (White-Label). Zudem sind verschiedenste Kooperationsmöglichkeiten machbar. 

Durch Open-Access steigt die Netzauslastung und Wirtschaftlichkeit von Glasfasernetzen

Durch Open-Access steigt die Netzauslastung und Wirtschaftlichkeit von Glasfasernetzen

Prozesse müssen laufen

Daher ist es nur sinnvoll, sich von Glasfasermonopolen zu lösen und kommunale Netze für mehrere Anbieter, die kooperieren wollen, zu öffnen. Bei einer gemeinsamen Nutzung von Glasfaserinfrastrukturen ist es jedoch wichtig darauf zu achten, dass das Faserkonzept (u.a. Reserve für zusätzlichen Bedarf), sowie die Übergabepunkte, Resale-Schnittstellen und das Netzmanagement spezifisch an das angewendete Open-Access-Modell/die Open-Access-Kooperation angepasst sind. Hinzu kommen komplexere Anforderungen an Prozesse und Betrieb (z.B. Service, Traffic). Denn Schlüsselfaktor für den Open-Access-Betrieb ist ein hoher Automatisierungsgrad für Open-Access-Anbieter und ihre Kooperationspartner.

FTTH ist Voraussetzung

Ein FTTH-Netz ist obligatorisch, da dieses die beste Leistungsfähigkeit und Konnektivität für ein offenes Netz bietet. In die Überlegungen sollte zudem unbedingt die Netzarchitektur mit aufgenommen werden. So bringt die P2P-Technologie eine höhere Zuverlässigkeit und bessere Skalierbarkeit. Vor allem bietet sie eine wesentlich größere Flexibilität als PON, insbesondere um zukünftigen Anforderungen von Open-Access-Partnern zu genügen. 

Zwar sind Glasfasernetze eine Generationeninvestition, doch mit der richtigen Open-Access-Strategie versprechen diese zukunftssicheren Einkünfte und sogar größere Margen als das bisherige Stammgeschäft von EVUs. Die Frage ist nicht, ob man Open-Access betreibt, sondern wie.
Stadtwerke sollten besonders in Anbetracht geringerer Markteintrittsbarrieren, besserer Effizienz und einer allgemeinen Ausbaurisikoverringerung Open-Access als strategische Entscheidung in Erwägung ziehen und damit auf dasselbe bewährte Prinzip wie im Energiemarkt setzen.
 

Reihenfolge
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