„TAP“, das steht kurz für „Thüga Abrechnungsplattform“, mit der 39 Versorgungsunternehmen und Dienstleister ihre jetzige SAP IS-U-Software ablösen wollen. Auch wenn die Lösung derzeit noch in Entwicklung ist, hat die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) bereits begonnen, sich auf die Umstellung vorzubereiten. Der erste Schritt dabei war eine umfassende Analyse, um abgleichen zu können, welche der bestehenden Prozesse mit der TAP abgedeckt werden. Mit Unterstützung der Vivax Consulting, einem Unternehmen der tktVivax Group, und dem Prozessanalyse-Tool Vivax Analytics ProCo wurde diese in weniger als drei Monaten abgeschlossen.
Ein Standard für alle, lautet die Vorgabe für die neue TAP. Dazu sollen die „nicht-differenzierenden Prozesse“ einheitlich abgebildet werden, so dass die beteiligten Versorgungsunternehmen „mehr Fokus und Kapazität auf das Kerngeschäft“ legen können, so eine der Aussagen auf der TAP-Website. „Dieser Ansatz bedeutet aber auch, dass wir vorher untersuchen müssen, welche unserer Prozesse mit der Plattform abgewickelt werden können und welche nicht“, beschreibt Achim Kaupp, Abteilungsleiter Kundenservice bei der WVV und verantwortlich für das Migrationsprojekt, die Kernfrage, die mit der detaillierten Prozessanalyse beantwortet werden sollte.
Um das Projekt mit vertretbarem Aufwand an Zeit und Ressourcen umsetzen zu können, entschied sich die WVV für den Einsatz des Software-Tools Vivax Analytics ProCo und die Unterstützung der Vivax Consulting GmbH, der Beratungstochter der tktVivax Group. Damit hatte das Tochterunternehmen Mainfranken Netze bei einem umfassenden Projekt zur Prozessoptimierung gearbeitet und gute Erfahrungen gemacht. Das Tool baut auf einem von Experten gepflegten Branchenmodell auf, das circa 650 versorgertypische Prozesse in mehr als 180 Kategorien umfasst, hinter denen rund 7.300 einzelne Aufgaben liegen. Damit deckt dieses Modell alle relevanten Tätigkeiten eines Energieversorgers ab. „Natürlich wollten wir nun nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Deswegen galt es zunächst, das TAP-Prozessmodell auf eine vergleichbare Ebene zu bringen, um die Abläufe am Ende 1:1 gegeneinanderstellen und das Fit-Gap exakt ermitteln zu können“, berichtet Achim Kaupp. Mit Unterstützung der Vivax Consulting wurden deswegen im ersten Schritt die beiden Modelle abgeglichen, bevor es dann an die Erfassung der spezifischen Abläufe bei der WVV ging. „Es stellte sich heraus, dass das Vivax-Modell fast alle Aufgaben enthielt, die auch bei uns durchgeführt werden. Es musste lediglich ein gutes Dutzend von Tätigkeiten ergänzt werden, die so wohl nicht überall anfallen. Aber diese sind nun auch ein Teil des Modells, das auf diese Weise mit jedem Projekt weiterwächst“, so Kaupp.
Im zweiten Schritt ging es dann an die tatsächliche Analyse der IST-Prozesse in allen Bereichen, die mit der Abrechnung in Verbindung stehen. Dazu gehören neben der Abrechnungsabteilung selbst beispielsweise das netzseitige Kundencenter, die Beschaffung oder auch die Lieferantenprozesse. Vivax Analytics ProCo setzt dabei auf die Selbsterfassung durch alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inklusive der Führungsebene. Dabei wird zunächst für jede Aufgabe die für die Erledigung erforderliche Zeit erfasst. Die Analyse beschränkte sich auf Tätigkeiten, die mehr als 30 Minuten am Tag in Anspruch nehmen. „Neben Zeiten und Aufwänden war uns auch die qualitative Erfassung wichtig. Denn wie in jedem Unternehmen gib es auch bei uns Prozesse, die aus vielfältigen Gründen nicht gut laufen oder für die keine Zeit bleibt. Oder Schnittstellen, die schlecht oder gar nicht funktionieren“, erläutert Achim Kaupp. Deswegen konnten die Mitarbeitenden die Durchführbarkeit der Aufgaben zusätzlich mit „gut“, „schlecht“ oder „gar nicht“ bewerten und eine Begründung hinzufügen. Ähnlich erfolge die Bewertung der Schnittstellen.
Neben den rund 100 betroffenen Beschäftigten der WVV wurden auch die für die Prozessabwicklung relevanten Dienstleistungspartner in die Analyse einbezogen. „Mithilfe von ProCo war dies ebenso einfach, wie die interne Erfassung. Denn wir mussten nur entsprechende Freigaben für die jeweils ausgeführten Aufgaben einrichten. Da das System webbasiert ist, konnten die Partner die Angaben zu ihren Tätigkeiten am eigenen Rechner über den Webbrowser erfassen“, berichtet Achim Kaupp. Dabei hielt sich der zeitliche Aufwand für alle Beteiligten in Grenzen. Je nach Tätigkeit dauerte die Erfassung der relevanten Informationen in Summe zwischen zwei und vier Stunden. Die gesamte Datensammlung konnte so im Juli und August trotz der Sommerferien in nur sechs Wochen abgeschlossen werden. Weitere sechs Wochen wurden für die Auswertung benötigt, so dass der detaillierte Blick auf die IST-Prozesse bereits nach knapp drei Monaten vorlag.
„Die Auswertung erfolgte ganz bewusst auf Team-Ebene. Denn wir wollten ja nicht den einzelnen Mitarbeitenden durchleuchten. Im Gegenteil: Sie sollten ermutigt werden, ihre Aufgaben offen und ehrlich zu bewerten. Neben dem Fit-Gap mit der TAP war es uns wichtig herauszufinden, ob die Menschen die Aufgaben, die ihnen gestellt werden, angemessen erledigen können. Es sollte transparent werden, wo Menschen fehlen, wo es an Führung mangelt oder auch an den technischen Voraussetzungen gearbeitet werden muss“, erklärt Achim Kaupp. Und genau dies war dann auch das Ergebnis der Prozessanalyse. „Wir wissen nun genau, in welchen Bereichen die TAP künftig eingesetzt werden kann und wo wir andere Lösungen benötigen. Die Schnittstellen sind dabei ebenso klar erkennbar wie die Potenziale von Optimierungsmaßnahmen“, fasst Achim Kaupp das Ergebnis zusammen. Die Optimierung soll nun parallel zu den weiteren Vorbereitungen für die TAP-Einführung angegangen werden. „Damit wollen wir nicht nur die wertschöpfenden Prozesse verbessern. Ziel ist es auch, die Prozesse so zu vereinfachen, dass sie einfach erledigt werden können, ohne dass dazu eine mehrjährige Einarbeitung nötig ist“, so Kaupp.
- Client
- Date 08 Jan 2024
- Categories