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Glasfaserausbau: Die unterschätzten Risiken des Tiefbaus

17. November 2021 | Autor: Florian Donath, CTO tktVivax Group

Egal ob Kommune oder Stadtwerk: Wer heute ein Glasfasernetz baut, tut dies meist zum ersten und in der Regel auch zum letzten Mal.  Das bedeutet gleichzeitig, dass es an Erfahrungen hinsichtlich der spezifischen Tiefbauanforderungen fast immer mangelt. Die Auftraggeber gehen deswegen vielerorts an ein solches Projekt genauso heran, wie an „ganz normale“ Tiefbauprojekte. Das zieht zahlreiche Risiken nach sich, die durch eine kompetente Beratung im Vorfeld und durch eine aktive Begleitung des Netzbaus vermieden werden können.

Dieser Fachartikel ist auch in der Fachzeitschrift netzpraxis Ausgabe 11-12/2021 erschienen

Glasfaserausbau: Die unterschätzten Risiken des Tiefbaus
Project Description

Der Preis ist nicht alleinentscheidend

Ein Kernproblem beim Bau eines Glasfasernetzes ist es, dass der Kostenanteil des Tiefbaus in der Regel 80 bis 90 Prozent der Gesamtinvestitionen ausmacht. Trifft man die Entscheidung deswegen allein über die Höhe des Angebots, kann man die Kosten zwar spürbar senken. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass Qualität gerade beim Bau eines Glasfasernetzes buchstäblich ihren Preis hat. Wer aber sehr günstig anbietet, muss oft an den vielen Stellen sparen, um dennoch auf seine Marge zu kommen. Die Folge: Am Ende kostet der Netzbau doch wieder deutlich mehr, weil es zu technischen Problemen kommt, nicht berücksichtigte Nachforderungen gestellt werden oder der Aufwand für der Projektsteuerung und -überwachung aus dem Ruder läuft. Wo überall Fallstricke lauern können, zeigt die folgende Übersicht.

Es beginnt beim Personal

Es klingt trivial, ist aber oft nicht gegeben: Auf der Baustelle muss immer deutschsprachiges Personal anwesend sein. Weil aber der Breitbandausbau in Deutschland hinterherhinkt und zudem der Breitbandausbau in vielen europäischen Ländern abgeschlossen ist, ist der Bedarf an europäischen Tiefbauern, die in Deutschland arbeiten wollen, ziemlich hoch.. Und aufgrund des Fachkräftemangels greifen auch deutsche Tiefbauer zunehmend auf Arbeitskräfte aus ganz Europa (und darüber hinaus) zurück. Gleichzeitig findet der Netzbau in sensiblen Bereichen, am Rande von Verkehrswegen, im Fußgängerbereich oder beim Hausanschluss auch im Privatgelände statt. Wenn es hier zu Problemen kommt und kein Arbeiter die deutsche Sprache beherrscht, kann es schnell zu Konflikten kommen bis hin zum Einsatz der Polizei. Deswegen reicht es nicht, vertraglich zu regeln, dass deutschsprachiges Personal zur Verfügung stehen muss. Vielmehr sollte auch regelmäßig überprüft werden, ob es tatsächlich auch vor Ort im Einsatz ist.

Arbeitsschutz und Ausrüstung

Grundsätzlich sind die Vorgaben zum Arbeitsschutz oder zu den zugelassenen technischen Gerätschaften in Deutschland klar geregelt. Dennoch empfiehlt es sich, dies auch nochmals vertraglich zu fixieren. Denn im EU-Ausland gelten andere Regeln, Unternehmen von dort sind mit den deutschen Vorgaben nicht immer vertraut. So sollte ein Arbeitsschutzkonzept vorliegen und entsprechende Zertifizierungen wie etwa das „Arbeitsmanagement Sicherheit AMS der BG Bau“. Bei Geräten und Werkzeugen müssen TÜV-Prüfung oder das GS-Zeichen wenn in Deutschland erforderlich zwingend vorgeschrieben werden.

Bauausführung und Verlegetiefe

Im Straßenbereich sollte die Verlegetiefe mindestens 80 Zentimeter, unter dem Gehweg nicht unter 60 Zentimeter betragen. Da Aufwand und Kosten aber mit der Verlegetiefe zunehmen, wird das in der Praxis oft nicht ein- oder durchgehalten. Denn abgerechnet wird meist über Fest- und Meterpreis. Das hat Folgen: Ist die Tiefe zu gering, droht bei Baumaßnahmen, wie der Installation von Verkehrsschildern oder Gegenständen der Stadtmöblierung, die direkte Beschädigung der Glasfaserleitung. Wird mal höher mal tiefer verlegt, kann es beim Einblasen der Glasfasern zu Problemen kommen. Dadurch verringert sich die mögliche Verlegelänge oder das Einblasen funktioniert stellweise gar nicht mehr. Gleiches gilt für zu geringe Biegeradien. Besondere Vorgaben gelten zudem im Bereich von Bahnanlagen, Gewässerquerungen oder im Wurzelbereich von Bäumen.

Ein Kostenfaktor ist auch die Bauausführung: Im Tiefbau liegen die Kosten bei 70 bis 120 Euro je Meter, beim Horizontalspülbohrverfahren bei rund 50 Euro und bei Trenching-Verfahren nochmals deutlich darunter. Letzteres ist damit zwar billig, die Frästiefe ist jedoch begrenzt und entspricht damit in der Regel nicht den Qualitätsvorgaben in Sachen Verlegetiefe. 

Ein weiteres Problemfeld ist der Rückbau/Rückschnitt: Grundsätzlich gilt, dass der Aufbau und die Verdichtung des Bodens nach dem Auffüllen des Grabens im selben Zustand sein sollte wie zuvor. Damit die Lastverteilung stimmt, muss der Graben darüber hinaus am oberen Rand breiter sein als unten – bei Gräben sind das mindestens 15 Zentimeter auf jeder Seite. Wir dies nicht eingehalten, kann es zu Setzungen und Rissbildungen kommen, mit den entsprechenden Folgekosten. Ob die Verdichtung stimmt, wird mit einem so genannten „leichten Fallgerät“ überprüft, und dies alle 50 Meter. Sowohl diese Prüfung als auch die korrekten Füllmaterialien sind aber Kostenfaktoren, die gerne mal eingespart werden. Deswegen reicht es auch hier nicht, das nur vertraglich zu regeln, es muss auch überwacht werden.
 

Verkehrssicherheit

Glasfasernetze werden in vielen kleineren Bauabschnitten und oft im Bereich des Gehweges verlegt. Entsprechend aufwändig gestaltet sich der Aufbau des Verkehrssicherheitsplans, der für die Baugenehmigung vorausgesetzt wird. Dort wird nicht nur genau festgelegt, wo und wann welches Schild, eine Bake oder ein Gitter aufgestellt werden muss. Die Einhaltung dieser Planung muss zudem zweimal täglich kontrolliert werden (an Sonn- und Feiertagen reicht einmal pro Tag). Verantwortlich dafür ist der Auftraggeber.

Weitere Fallstricke

Von den eingesetzten Materialien bis hin zur technisch einwandfreien Vorbereitung des Hausanschlusses gibt es zahlreiche weitere Themen, die möglichst frühzeitig bedacht, vertraglich geregelt und dann während der Bauphase auch überwacht werden müssen. Denn werden hier Kosten gespart, indem beispielsweise Billigmaterial eingesetzt oder bei der technischen Ausführung geschlampt wird, drohen in der Folge Aufwände und Ausgaben, die weitaus höher liegen als das höherpreisige Angebot des teureren Tiefbauers. 

Um hier Risiken zu minimieren oder damit auch Kosten zu sparen, lohnt es sich, über eine externe Unterstützung nachzudenken. Denn wie zu Beginn festgestellt: Wer ein Glasfasernetz baut, hat selten die dafür notwendige Expertise. Und wenn, dann in der Regel nicht in der Tiefe und Breite, wie sie in einem solch komplexen Infrastrukturprojekt benötigt wird. Zudem wird das Know-how ja nur für den Bauzeitraum benötigt. Damit lohnt es sich kaum, hier eigene personelle Ressourcen aufzubauen. Wichtig ist es jedoch, auch bei der Auswahl des Beratungspartners die notwendige Sorgfalt walten zu lassen. In jedem Fall sollte man auf entsprechende Referenzen achten und sich auch vor Ort über die Kompetenz des Unternehmens informieren
 

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