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Clusteranalyse: Damit sich Breitbandnetze schneller rechnen

Berlin, 5. September 2019 | Autor: Henrik Wiese, Planer bei der tktVivax GmbH

Der Glasfaserausbau kann für lokale Netzbetreiber zu einer großen Herausforderung werden. Denn es werden potentiell zweistellige Millioneninvestitionen getätigt, in der Hoffnung, dass sich diese am Ende auch wirtschaftlich rechnen. Da in der Realität in der Regel nicht alle Haushalte in einer Region zu Kunden werden, muss der Aufbau eines Breitbandnetzes sinnvoll gestaltet werden. Idealerweise erschließt man zunächst die Bereiche, die das höchste wirtschaftliche Potential bieten. Basis für die Auswahl ist die so genannten Clusteranalyse.

Grobplanung als Basis

In der Clusteranalyse werden räumlich getrennte Flächen anhand verschiedener Bewertungskriterien verglichen. Dazu wird zunächst eine räumliche Aufteilung vorgenommen. Diese orientiert sich oft an einer bereits erstellten Grobplanung. Damit baut die Clusteranalyse auf technisch realisierbaren Daten auf. Geografische Hindernisse wie Bahnlinien, Flüsse oder Brücken sind in einer solchen Planungskonzeption bereits berücksichtigt. So kommt es bei der späteren Realisierung zu weniger Überraschungen. Bei der groben Clusteranalyse werden in der Regel die PoP-Versorgungsbereiche als Raster herangezogen. Im Rahmen einer granularen Betrachtung kann dies auf Basis der Verteilbereiche erfolgen. Die grobe Analyse macht dann Sinn, wenn ein Netzbetreiber zunächst einmal Grundsatzentscheidungen treffen und das Netzgebiet als Ganzes strukturieren möchte. Die feinere Analyse hat dann die Aufteilung der priorisierten Teilbereiche zum Ziel, um herauszufinden, welche Ortsteile für den Aufbau des neuen Netzes am rentabelsten sind.

Bewertungskriterien und Kosten

Dabei werden die einzelnen Cluster hinsichtlich ihres Umsatzpotentials und der für die Erschließung notwendigen Investitionen genauer unter die Lupe genommen. Beide Kriterien zählen in der Bewertung jeweils zur Hälfte.. Auf Investitionsseite betrachtet man die Erschließungskosten pro Haushalt. Für jedes Cluster wird dabei die Investitionssumme des passiven Netzes errechnet und der Anteil pro Haushalt ermittelt. Die Möglichkeit der Anbindung an überregionale Netze ist hier ebenfalls relevant, da ohne diese das gebaute Netz nicht funktionieren würde.

Umsatzchancen differenziert betrachten

Beim Umsatzpotential gibt es deutlich mehr Einflussfaktoren als bei der Ermittlung der Kosten. Die größte Bedeutung hat der bestehende Wettbewerb. Wenn ein Teilbereich des künftigen Netzes bereits gut versorgt ist, ist anzunehmen, dass weniger Kunden zu einem neuen Netzbetreiber wechseln werden. Wachstumspotentiale bieten dagegen Neubaugebiete oder Nachverdichtungen, denn sie werden von noch ungebundenen Kunden bezogen, die einfacher als bereits vertraglich gebundene gewonnen werden können. Ein höherer Anteil von Gebäuden mit vielen Haushalten in einem Cluster ist ebenfalls attraktiv, da hier durch einen einzigen Gebäudeanschluss viele Kunden versorgt werden können. 

Gewerbliche Kunden sind dagegen aufgrund ihrer höheren Zahlungsbereitschaft für hohe Übertragungsraten oder symmetrische Anschlüsse begehrt. Wenn in einem Cluster viele Gewerbetreibende  angesiedelt sind, verbessert dies die Attraktivität entsprechend. Demographische Aspekte haben ebenfalls einen Einfluss auf die Cluster-Priorisierung, wenn auch einen kleineren. Denn das Internet ist ein Produkt, das quer durch die gesamte Bevölkerung nachgefragt wird. Aspekte wie Alter und Einkommen sind deswegen deutlich weniger wichtig für die Cluster-Bildung.

Die Gewichtung der einzelnen Kriterien kann sich je nach Projekt verändern. Wenn beispielsweise der Anteil der gewerblichen Nachfrager in den verschiedenen Gebieten jeweils ähnlich hoch ist, verliert das Kriterium Relevanz. So hilft ein an sich wichtiger Faktor in einer solchen Situation nicht bei der Differenzierung. Ähnlich können in der Praxis andere wichtige Kriterien durchaus unwichtiger werden und unwichtige Kriterien wichtiger.

Clusteranalyse liefert Hinweise, keinen Fahrplan

Wie eingangs festgestellt, mangelt es noch an IT-Werkzeugen, die den Planungsprozess durchgängig unterstützen. Deswegen ist eine möglichst transparente und zuverlässige Schnittstellengestaltung für einen reibungslosen Datenfluss entscheidend. Für den logischen Aufbau des Netzes hat man bei Tktvivax deswegen eine eigene Datenbanklösung entwickelt, in der sämtliche Informationen wie Art der Netzelemente, deren Zuordnung und logische Struktur abgebildet werden. Ganz entscheidend ist dabei, dass alle Daten mit GIS-Informationen verbunden werden. Denn die Georeferenzierung ist entscheidend für alle nachfolgenden Prozesse, an denen in der Regel weitere Partner beteiligt sind, wie etwa Ingenieurbüros oder Baufirmen.

Gerade für Letztere ist es auch entscheidend, dass die Systeme einfach bedienbar sind, denn vor Ort sind normalerweise Menschen im Einsatz, die es nicht gewohnt sind, täglich mit IT-Systemen umzugehen. Besonderes Augenmerk sollte auf die Gebäudelisten gelegt werden. Hier muss genau aufgeführt sein, welches Mikrorohr bis zur Grundstücksgrenze bzw. bis zum Hausübergabepunkt verlegt und wie viele Fasern eingeblasen werden müssen.

Zudem muss hier die Planung genauestens mit der Dokumentation der tatsächlich vor Ort umgesetzten Maßnahmen abgeglichen werden. Denn zum einen führen die Gegebenheiten
vor Ort nicht selten dazu, dass die Anschlüsse anders ausgeführt werden, als es in der Planung festgelegt worden ist. Zum anderen ist der Netzbau bei Highspeed-Netzen kein linearer Prozess. Er erfolgt in kleinen Abschnitten, an denen oft auch unterschiedliche Partner parallel arbeiten. Welche Anschlüsse zusammengefasst und in Betrieb gehen können, hängt auch stark von den Kunden und Eigentümern ab, die erst ihr Einverständnis geben müssen, bevor ein Grundstück und ein Gebäude an das Netz angeschlossen werden können.

Durchgängiges Kundenmanagement

Die Ergebnisse der Clusteranalyse können selten 1:1 in die Realität übertragen werden. Sie liefern dem Kunden lediglich eine Entscheidungsunterstützung. Sind beispielsweise die attraktiven Cluster räumlich weit voneinander entfernt, muss dies bei der Reihenfolge des Ausbaus der  einzelnen Clustern berücksichtigt werden, da das Netz in der Regel zusammenhängend und nicht separiert in getrennten Gebieten gebaut werden soll. Solche Aspekte müssen nach der erfolgten Clusteranalyse je nach Projekt zusammen mit dem Kunden ausgearbeitet werden, damit dieser am Ende die richtige Entscheidung treffen kann.

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